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1. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 14

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
14 Erstes Buch. eine Freiheit des Geistes, so erklärten sie das für Ketzerei und schrieen, wer also gesprochen, der müsse verbrannt werden. Dieser Mangel an Wissenschaft war an dem Ende des Mittelalters auch noch vor« herrschend. Nicht allein daß das Volk nichts erfuhr und nichts wußte, auch die, welche das Volk lehren sollten, erfuhren und wuß- ten nichts, oder sie erfuhren nur das Verkehrte. Sie lernten die Autorität des römischen Stuhles, das Herkommen, das sich in den rohesten und grobsinnlichsten Zeiten erzeugte, das canonische Recht, das Ansehen der Kirche anbeten, und höchstens noch diese Dinge verthei« digen oder mystische Träumereien ausschwitzen. An die heilige Schrift dachte Niemand, an das Lehren und Predigen nur die We- nigsten. Männer, welchen nachmals durch die Reformation das Licht ward, gestanden, daß sie vie heilige Schrift kaum gesehen, obwohl sie hohe Kirchenstellen bekleidet. Andere, die es in sich nicht wollten aufgehen lassen, erklärten, wie sie erfuhren, daß die Schrift von Andern im griechischen und bebräischen Text getrieben werde, diese Sprachen für eine neue Erfindung, das Ganze für Ketzerei. Man muß wissen, wie der gelehrte Erasmus von Rotter- dam die Gelehrten, die Bifchöffe und Priester seiner Zeit schildert. Die Gelehrten beschäftigen sich mit der größten Ernsthaftigkeit mit den wahnwitzigsten Fragen und feiern große Triumphe, wenn sie dieselben gelöst zu haben glauben: ob man im Paradiese essen werde oder nicht, ob Gott seinen Sohn hassen könne oder nicht, ob Gott die Welt nicht auch durch einen Stein habe erlösen können, durch welchen Kanal das Böse in die Menschenwelt gekommen? Bifchöffe und Priester wissen nicht einmal, was ihre Namen bedeu- ten. Die Pflicht des Lehrens schiebt immer einer dem andern zu, erfüllt wird sie von keinem. Das ist nicht eine Stimme, welche einsam in der Welt wäre, es ist eine von tausenden und abermals lausenden. Geistig thätig sind sie nur dann, wenn es gilt, denen, die nicht Priester sind, die Höhe ihrer Macht und die Göttlichkeit ihrer Würde durch Trug- schlüsse und Verdrehungen zu documentiren. Oder wenn es gilt, wie- der durch solche Trugschlüsse zu beweisen, daß sie thun und lassen, sündigen und freveln können, wie sie wollen, ohne daß dadurch ihre Heiligkeit gestört werde. In den Kirchen erzählten sie dem Volke alberne Legenden und Wundergeschichten, oder sie trieben freche Possen und sittenlose Umzüge, oder sie stellten, das Volk doch mit etwas zu beschäftigen, neue Heilige auf, also daß-dieselben zu großen Schaaren anwuchsen. Die Bilder und Statüen dieser Hei- ligen mußten Wunder thun, die dem Volke nichts lehren konnten, die ihm nur einen Schrecken vor der Macht der Kirche und des

2. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 16

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
16 Erstes Buch. feit dein sechsten Jahrhundert. Sie nannte denselben die Tradi- tion. Demgemäß wohnte der heilige Geist der Kirche, das heißt, den Priestern und besonders den Kirchenfürsten, immer bei. Was diese in dem Laufe der Jahrhunderte entweder aus Unwiffenheit oder um ihres Vortheils willen aufgestellt, was aus dem Heidenthume Roms, Griechenlands, des alten Morgenlandes, wie die Vorstel- lung von der Verdienstlichkeit der Abtödtung des Fleisches, herüber- gekommen und noch grobsinnlicher gestaltet worden, Alles dieses war durch die Tradition, durch den heiligen Geist hereingekommen in die unfehlbare Kirche, wenn es auch in dem härtesten Widerspruche mit der Unfehlbarkeit der Schrift stand. Ein anderer Theil der Welt wird zwar eben so schwer und schmerzlich die Uebel empfinden, an denen die Menschheit leidet. Er wird auch eine Reformation wollen und wünschen, aber nicht eine solche, welche den ganzen mittelalterlichen Kirchenbau zerschlägt, wie er doch zerschlagen wer- den muß, wenn die christliche Lehre zu freier Wirksamkeit unter den Menschen kommen soll. Zu tief ist der Glaube an das einmal Ge- wordene eingewurzelt, zu bequem ist auch diese Art des Christen- thums. Jener Theil wird dann besonders von den germanischen, dieser von den romanischen Völkern gebildet. Unterdessen hatte doch schon in der letzten Zeit des Mittelal- ters eine bessere Wissenschaftlichkeit begonnen, obwohl der Kreis der Männer, auf welche sie wirkte, noch verhaltnißmaßig unbedeu- tend war. 'Die Geister waren in Bewegung gesetzt worden zumal durch das Studium der Werke des classischen Alterthums. Griechi- sche Gelehrte, welche vor den Osmanen in das Abendland flohen, hatten dazu bedeutend beigetragen, indem sie das Mittel einer des- sern und schnellem Verständigung wurden. Man möchte fast sagen, mit Wuth warfen sich die besten Köpfe des fünfzehnten Jahrhunderts auf die classischen Schriftsteller Griechenlands und Roms. Un- mittelbar die Verkehrtheit des gegenwärtigen Standes der kirch- lichen Angelegenheiten zeigen, konnte allerdings der Geist und der Inhalt der Schriftsteller des classischen Alterthums nicht. Aber sie schärften aus tausendfacheweise die Gedanken. Die Kritik, welche an ihnen geübt wird, mußte bald auf die bestehende Welt, auf den Glauben gewendet werden, auf welchem sie stand. Kritik aber konnte die bestehende Kirche nicht aushalten. Dabei war es eine Sache von großer Wichtigkeit, daß im Jahre 1450 die Druckerpresse erfunden worden. Es hatte dem Mittelalter an einem leichten Mittel für die Verbreitung der Ideen Wetter. Kritische Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst. 1836.

3. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 17

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
Die Reformation. 17 gefehlt. Mühsam durch die Schrift oder von Mund zu Mund hatten allein die Lehren, welche wider die bestehende Kirche waren, verbreitet werden können. Dadurch war den Römern immer gelun* gen, eine solche Lehre niederzudrücken, ehe sie sich des Glaubens und der Gemüther der Menschen bemustern konnte. Sie hatten immer, nicht ohne Geschick, den Moment erfaßt, wenn die Majo- rität noch im Glauben an sie war, und mit dieser Majorität dann die Minorität, welche den Glauben an sie bereits verlassen hatte, noch niedergeworfen. Die Kirche sieht auch die Druckerpresse gleich mit großen Bedenklichkeiten an. Ein apostolisches Breve von 1479 gebietet, daß nichts ohne Erlaubniß der Kirche gedruckt wer- densoll. Das römische Kirchenthum ist in eine neue und ungewohnte Lage gesetzt. Diese ist um so bedenklicher als auch die neu-europäi- schen Sprachen immer besser ausgebildet worden sind, die heilige Schrift in mehrere Landessprachen übersetzt wird. Solche Ueber- setzungen sah die Kirche ungern und mißbilligte sie. Der Erzbi- schoss von Mainz sprach i486 diese Mißbilligung offen und unzwei- deutig aus. Doch wagte die Kirche nicht, sie geradehin zu verdam- men, behauptete sie doch selbst noch, auf dem Grunde der Schrift zu stehen. Sie wagte es noch nicht, so gegen die Schrift zu reden, wie es nachmals von den Jesuiten geschehen ist. Der Geist der Freiheit aber und der Wissenschaftlichkeit äußert sich bei den am höchsten stehenden Völkern des Abendlandes auf eine zwiefache Weise, anders, im Ganzen genommen, bei den Ro- manen und anders bei den Germanen. Unter den Romanen, und besonders in Italien, hat die Freiheit des Geistes und des Forschens eine durchaus antichristliche Richtung genommen. Die Grundwahr- heiten des Christenthums werden geläugnet, ja verspottet, der Ma- terialismus und Atheismus wird doctrinell begründet. Es gehört zu dem Tone der feinen Gesellschaft ein Atheist zu sein. Man nennt es Philosophie und Aufklärung, wenn man an gar nichts mehr glaubt. Lorenzo Aretino und am Anfänge des sechszehnten Jahr- hunderts Pomponatius stehen am höchsten unter diesen philosophi- schen Freigeistern. Das Leben in Italien, und besonders das Leben in Rom, ist diesen herrschenden Ansichten gemäß ein Greuel der Ver- wüstung. Macchiavelli sagte, daß, je näher man dem Stuhle der Apo- stel komme, um desto mehr das Christenthum verschwinde. Das stellte sich recht klar in den letzten Päbsten des Mittelalters dar. Sixtus Iv., seit 1471, Innocenz Viii., seit 1484, ganz besonders Ullmann. Johann Wessel, ein Vorgänger Luthers. 1834. — Rudelbach. Hieronymus Savonarola und seine Zeit. 1835.— Meier. Girolamo Savonarola. 1836. — Müller. Das Leben des Erasmus von Rotterdam. 1836. Iii. 2

4. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 18

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
18 Erstes Buch. aber, seit 1492, Alexander Vi. setzte das Laster auf den apostolischen Stuhl und die Frechheit dazu. Eine andere freie Richtung des Gei- stes, welche die Freiheit in dem Glauben an die Schrift, in dem Leben der Schrift gemäß geordnet, in Reinheit und Sittlichkeit sah, fehlte ven Romanen nicht ganz, selbst in Italien nicht. Predigte doch gerade am Ende des Mittelalters der ehrwürdige Dominicaner Hieronymus Savonarola in Florenz nicht allein von der Schändlich- keit des Lebens der Priesterfürsten, von der Nothwendigkeit einer durchgreifenden Reformation der Kirche, durch welche eine Besserung der Sitten der Menschen möglich werden könne, sondern auch wie die Kirche nur auf einem Fundamente, auf der heiligen Schrift, ste- hen solle. Indessen war diese Richtung des Geistes, des Forschens, der Wissenschaftlichkeit, welche in der Schrift die Freiheit und das wahre Leben suchte, weit mehr bei den Germanen als bei den Roma- nen zu finden. Darum ist auch geschehen, daß nachmals die Ger- manen sich zum bei weitem größern Theile zu der evangelischen Kirche wendeten, welche von der Reformation aufgestellt ward. Schon ist Einer aufgetreten, welcher die Reformation fertig hinstellt in seinen Schriften, Johannes Wessel. Es ist ihm das beinahe wunderbare Glück begegnet, daß die Römer ihn 1489 in Frieden sterben lassen. Und doch ist in seinen Schriften schon ganz diesel- be Lehre, dieselbe Ansicht mit unbedeutenden Verschiedenheiten, welche bei Luther und Zwingli nachmals erscheinet. Aber Wessel hat lateinisch geschrieben und keinen weiten Einfluß auf das Volk gewonnen, er hat die Doctrin zwar hingestellt, aber er hat nichts gethan, um diese in das Leben zu führen. Darum hat er die Auf- merksamkeit der Römer, der Kirche, nicht erregt. Von dem Geiste, der in diesem Manne, sind in Deutschland Viele ergriffen, wenn auch noch nicht die Zweifel an dem römischen Kirchenthume sich iw ihnen zu derselben Klarheit erhoben haben. Es ist nothwen- dig, daß andere Reformatoren kommen. Es ist nicht genug, eine Doctrin aufzustellen, die nur etwa von den Gelehrtesten beachtet wird, die eine Sehnsucht in diesen erregt. Die römische Kirche muß vor dem Volke bekämpft, es muß Gelegenheit und Raum gewonnen werden, die Reformation factisch zu machen. Und dieses ist ge- schehen. An dem Abend des fünfzehnten Jahrhunderts, wo im Allge- meinen die Marke ist zwischen dem Mittelalter und der neuern Zeit, als die Reformation vor der Thüre steht, da stellen die Verhältnisse der europäischen Welt sich so seltsam, so verworren zusammen, daß die Möglichkeit dieser Reformation bereits im Stillen von dem Schicksal vorbereitet ist. Wie ein drohendes Wetter standen die Os-

5. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 19

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
Die Reformation. 19 manen da. Alle ihre Institute waren noch in voller Kraft, in Fri- sche. Die furchtbaren Janitfcharen, denen Europa noch keine regel- mäßigen Heere von Bedeutung entgegenzustellen hatte, standen noch sieghaft da, als Mohammed Ii., der Eroberer Constantinopels, 1481 gestorben und Sultan Bajasid 11. auf ihn gefolgt war. Ba- 1431 jasid 1., der Wetterstrahl, hatte es zum Gesetz machen wollen, daß alle Brüder eines neuen Sultans getödtet würden, auf daß nie Streit um den Thron entstehe. Aber das furchtbare Gesetz ward nicht immer gehalten. Gegen Bajasid 11. erhob sich Dschem, der Bruder, mit den Waffen. Aber geschlagen, mußte Dschem zu den Christen, zu den Rittern von Malta, 1482 entweichen, welche ihn i482 1488 an den römischen Stuhl auslieferten. Sultan Bajasid Ii., i486 der um dieselbe Zeit mit Unglück gegen die Mamluchen von Syrien und Aegypten kämpfte, führte zwar keinen großen Krieg gegen die Christen, aber furchtbare Raubzüge in die Nachbarländer mahnten diese doch immer an die schwere Gefahr. Auf einem solchen Raubzuge kamen die Barbaren 1492 abermals bis nach Oestreich. 1492 Die Gefahr, welche von den Osmanen drohet, ist so groß, daß die christliche Welt sich unter sich selbst jetzt in einen Kampf auf Leben und Tod nicht einlaffen kann, will man nicht die Gefahr des Unter- ganges auf beide streitende Theile ziehen. In der Nachbarschaft, wenigstens der Osmanen, in Ungarn, in Deutschland, kann ein solcher Kampf nicht gestritten werden. Indem sie also stehen und solche Gedanken aufregen müssen, haben die Osmanen beigetragen, die Möglichkeit der Reformation zu geben. Sie haben das weder gedacht, noch gewollt, noch gewünscht. Die, welche die Reforma- tion begehrten, haben es auch nicht gewollt und nicht gewünscht. Sie haben die Osmanen verabscheut, gehaßt, die Waffen gegen sie genommen. Aber eine höhere Hand hatte die Dinge so gestellt. Indem aber im Osten Europas diese Gefahr stand, welche denen, die gern gegen die Reformation gehandelt hätten, die Hände zu binden bestimmt war, gestaltete sich für denselben Zweck im We- sten ein anderes Verhältniß, eine Spannung, eine Feindschaft zwi- schen Frankreich und Spanien. Mächtig war in Frankreich das Königthum emporgestiegen, kaum noch von den Parlamenten, noch weniger von den selten berufenen Generulstaaten eingeschränkt. Der Trotz des Adels war gebeugt, seine ritterliche Kraft, die ge- blieben, konnte von dem Königthume benutzt werden. König Karl Vlll. schaut um sich und das Erheben einer neuen Macht in Havemann. Geschichte der italienisch-französischen Kriege von 1494 bis 1515. I. Ii. 1833. 1835. — Ranke. Geschichte der romanischen und germanischen Völ- ker von 1494 bis 1535. 1835. t» *

6. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 21

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
Die Reformation. 21 pel, denn Johann Galeazzo Sforza hatte eine Prinzessin von Neapel zur Gemahlin, welche des Mohren Gewalt ebenfalls empfinden mußte. Also hatte Ludwig den König von Frankreich dringend ge- laden, doch nach Italien zu kommen, damit die Dinge in Verwir- rung geriethen und er sicher fei. Deshalb war Karl Vüi. kühner Entwürfe voll. Das mächtige Heer, welches er nach Italien zu führen gedachte, nicht allein Nea- pel sollte es gewinnen, sondern auch die Osmanen aus Constantino- pel treiben. Die Rechte, welche die Franzosen auf Constantinopel, selbst auf Trapezunt, in Anspruch nehmen konnten, hatte er sich ab- treten lassen. Prinz Dschem sollte ihm dazu dienen, das Reich der Osmanen zu verwirren. Ehe er aber nach Italien zog, wollte er sich Ruhe gewinnen von allen andern Seiten. Darum endete er erst einen Krieg, den er mit Heinrich Vh. von England führte, wie einen andern, den er mit Maximilian von Ocstreich hatte, welchem er durch den Tractat von Senlis 23. Mai 1493 die Franche-Comt^, 1493 Artois und Charolais, jedoch unter französischer Hoheit, abtrat. Als seinen Hauptfeind bei diesem Zuge mußte er Ferdinand den Katholischen, den König von Aragonien, betrachten. War der Zug doch, um Neapel den Aragonesen zu entreißen. Ferdinand hatte den Kampf gegen die Moslemen von Granada kaum geendet. Die- ser Punct nahm noch seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch: in diesem Augenblicke konnte er sich um die italienischen Sachen nicht kümmern, den Franzosen nicht entgegentreten. Also hielt er sich still und schien sich damit zu begnügen, daß Karl Vih. ihm in dem Tractate von Barcelona 19. Jan. >493 Roussillon und Cerdagne abtrat: er'gelobte, sich in Karls Viii. Streit mit Neapel neutral zu kalten. Die Franzosen aberbrachen im Anfänge des Herbstes 1494 in Italien ein. Der alte König von Neapel Ferdinand I. war da- mals schon gestorben 25. Jan. 1494. Sein Sohn Alonso H., eine 1494 wilde und blutige Natur, war auf dem Throne. Angstvoll hatte er gegen die Franzosen gerüstet, selbst an den Sultan Bajasid Ii. sich um Hülfe gewendet. Aber seine Anstalten blieben vergebens. Die Franzosen kamen nach Mailand. Johann Galeazzo Sforza mußte sterben 20. Octbr. 1494. Ludwig der Mohr ward Herzog und Karl Viii. schien einen Bundesgenossen gewonnen zu haben. Die Franzosen gingen weiter und sie kamen in die Nähe von Florenz. Die Republikaner bewegten sich und Pietro de Medici entwich aus der Stadt. Am 17. Novbr. 1494 zogen die Franzosen in Florenz ein und die Republik machte sich anheischig, sie zu unterstützen in dem Kümpfe gegen Neapel. Sie kamen nach Rom, wo seit dem Jahre 1492 Alexander Vi. auf dem sogenannten Stuhle der Apo-

7. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 23

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
23 Die Reformation. \ manen jenseits des Meeres von Adria, schon dachten die Christen, die ihnen gehorchten, sich zu erheben bei dem Anblick der ersten fran- zösischen Fahnen. Es war aber die Bestimmung nicht so. Die Fran- zosen sollten ihrer Eroberung nicht froh werden. Es war nur der Anfang eines langen Streites, nur der erste Theil eines langen Spieles, daß sie in Italien gegen das Haus Spanien aufgetreten. Die Franzosen schwelgten in Neapel in heilerer Lust. Das ganze Reich des Festlandes von Unter-Italien hatte sich ihnen mit Willigkeit unterworfen. Aber es zog sich schnell ein Ungewitter zusammen. Schon vor dem Einzuge in Neapel hatte der Gesandte Ferdinands des Katholischen den Tractat von Barcelona zerrissen, und Karl Vht. konnte nicht zweifelhaft sein, daß Ferdinand die Waffen nehmen würde, um ihn wieder aus Neapel zu treiben. Und der Aragonese sollte nicht allein stehen in diesem Streite. Die klei- nen italienischen Staaten waren erschrocken über das Erscheinen der Franzosen in Italien. Selbst Ludwig der Mohr war es. Er hatte sich besonnen. Ein französischer Prinz, Ludwig von Orleans, stammte von einer Prinzessin Visconti ab und konnte Ansprüche auf Mailand erheben. Venedig ward der Mittelpunkt einer weiten Unterhandlung. Venedig, Mailand, der Pabst, Ferdinand der Ka- tholische, Maximilian von Habsburg, schlossen einen Bund 31. Marz 1495. Er hieß die heilige Liga, weil der Pabst an der 1495 Spitze stand und die Vertheidigung Italiens gegen die Türken den Vorwand gegeben hatte. Eigentlich aber war das Bündniß darauf gerichtet, die Franzosen ans Italien zu treiben. Nun drohete feind- licher Angriff von allen Seiten und Karl Vill. meinte mit einem Theile seines Heeres nach Frankreich zurückkehren zu müssen. Er zog ab von Neapel 20. Mai 1495 über Rom, von wo der Pabst 1495 ihm aus dem Wege ging, über Florenz, wo Savonarola ihm eine göttliche Züchtigung verkündete, weil er nichts für die Reformation der Kirche gethan. Mit Mühe konnte sich Karl Viii. den Weg durch das Heer der italienischen Bundesgenossen bahnen und nach Frankreich zurückkommen. Nun kamen auch spanische Truppen nach Italien und die Franzosen, welche der König in Neapel gelassen, konnten sich nicht behaupten. Ferdinand 11. gewann die Hauptstadt Neapel wieder. Nicht lange darauf ist dieser König gestorben 7. Septbr. 1496 und das Reich von Neapel ist übergegangen auf sei- 1496 nen Ohm Friedrich. Karl Viii. aber, nunmehr auch beschäftigt durch den Krieg, den ihm die spanischen Könige erregten, machle noch einige vergebliche Versuche, sich wieder in Italien festzusetzen. Plötzlich übereilte ihn der Tod 7. April 1498. Der Thron 1498 von Frankreich ging über auf seinen Vetter Ludwig von Orleans,

8. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 25

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
Die Reformation. 25 Ludwig der Mohr aber hatte einen trübseligen Ausgang. Seine schweizerischen Söldner verriethen ihn an die Franzosen 10. April 1500. — Gefangen ward er nach Frankreich geführt, gefangen ist 1500 er in Frankreich gestorben. Seine Söhne Maximilian und Franz Sforza waren nach Deutschland entwichen. Venedig aber empfing einen Theil von der Beute des schönen Herzogthums Mailand. In diesen Tagen, 24. Febr. 1500, ward der Sohn Philipps 1500 von Oestreich und Johannas von Kastilien und Aragonien, Karl, der nachmalige Kaiser Karl, geboren, derselbe, dessen Leben so gewaltig in dem Gange der Dinge, und besonders in dem Gange der Reformation, erscheinen wird. Ludwig Xil. aber hatte kaum Mai- land gewonnen, als er auch Neapels gedachte. Aber er meinte nicht, diese Ansprüche auf Neapel ganz und durchaus hinaussühren zu kön- nen. Also schloß er einen Tractat mit Spanien 22. Septbr. 1500. Von dem Reiche Neapel sollten die Abruzzen und Lavoro sammt den Städten Gaeta und Neapel an Ludwig Xu. mit dem königli- chen Titel, Apulien aber undkalabrien an Ferdinand den Katholischen als ein Herzogthum fallen, und über die anderen Provinzen wollte man sich später verständigen. Weil Friedrich von Neapel sich mit dem Sultan der Osmanen in Verbindung eingelassen, sagten die Fürsten in diesem Trattate, müsse er also bestraft werden. Von seinem eigenen Hause verlassen und verrathen, Mrzte König Frie- drich fast ohne allen Widerstand zusammen. Auch er wanderte ge- fangen nach Frankreich und starb dort nachdem er drei Jahre in an- ständiger Haft gewesen 1504. Es war in dem Jahre 1501, daß 1501 durch die Theilung Neapels zwischen Frankreich und Spanien der Streit über Italien ausgeglichen zu sein schien. Die Franzosen, so schien es, brauchten die große Monarchie, die dereinst für Philipp von Habsburg oder für den jungen Karl entstehen mußte, wenn Ferdinand und Isabella auf der einen, Kaiser Maximilian l. auf der andern Seite gestorben, nicht eben sehr zu fürchten. Hatten sie doch durch Mailand und Neapel sich gesichert, die spanische Domination in Italien abgewehrt. Aber es sollte, anders kommen. Ferdinand und Isabella hatten den Tractat mit Ludwig Xu. nicht geschlossen, um ihn zu halten. Ferdinand von Aragonien geht selten einem Ziele auf dem geraden Wege zu. Er wird als ein Meister der Täu- schung angesehen. Macchiavelli preist ihn als einen solchen. Er hatte die Franzosen nur benutzen wollen, um den König Friedrich von Neapel zu entfernen und Ludwig Xll. hinzuhalten bis er seine Rüstungen würde vollendet haben. Nunmehro aber erhub er Streit über die Provinzen, über deren Theilung nichts in dem Trattate be- stimmt war. Seine Truppen, von Gonzalez de Cordova angeführt.

9. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 27

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
> Die Reformation. 27 worden und hätte die Königin Anna langer an ihren Gedanken ar- beiten können, das Versäumte würde leicht nachgeholt, eine neue ge- setzliche Bestimmung für die Thronfolge entworfen, Klaudias Thron bei dem noch langen Leben Ludwigs Xii. gesichert worden sein. Es fehlte nur daran, daß König Ludwig Xll. nicht bei den Gesinnun- gen blieb, mit welchen er den Tractat von Blois unterschrieben. Es besann sich der König anders. Fürchtend vielleicht, daß die französische Nationalität und Selbstständigkeit gefährdet werde, wenn das Reich in den Körper der großen spanischen Mon- archie hineingeworfen, setzte er schon in dem Testamente, das er 31. Mai 1505 in der Stille entwerfen ließ, fest, daß Klau- dia nicht mit Karl, dem Habsburger, sondern mit seinem Vetter, Franz von Angouleme, vermählt werden sollte. Nicht lange dar- auf trat er offen damit hervor. Er ließ die Generalstaaten nach Tours 10. Mai 1506 zulammenkommen. Es war das einzige Mal, daß sie unter Ludwig Xli. berufen wurden. Sie waren sonst ganz unbedeutend; sie thaten nur, was der König von ihnen begehrte. Sie stellten die Bitte, daß Klaudia mit Franz von Angouleme ver- lobt werde. Also geschah es 21. Mai 1506. Das wurde offen- 1506 kundig, und das Band mit Spanien und Habsburg war damit ge- trennt. Da aber diese Ehe erst mehrere Jahre darauf vollzogen wer- den konnte, hörte Anna doch nicht auf, an die spanisch - habsburgi- sche Ehe zu denken und für sie zu arbeiten. Aber es blieb Alles ver- geblich. Unterdessen war Jsabella von Kastilien gestorben 26. Novbr. 1504. Johanna, ihre Tochter, Philipps, des Herrn der Nieder- 1504 lande, Gemahlin, ward Königin von Kastilien. Ihr Gemahl Phi- lipp aber legte sich alsbald auch den Titel eines Königs von Kastilien bei. Gern hätte Ferdinand die Verwaltung Kastiliens behalten; er nahm sie in Anspruch, er wollte nicht von den großen Dingen, in denen er gelebt, sich wieder auf kleine zurückziehen. Aber Philipp I. kam im Frühling des Jahres 1506 nach Kastilien und das Reich mußte ihm werden. Doch blieb es ihm nur kurze Zeit; denn schon am 16. Septbr. 1506 war er todt. Johanna verfiel in stillen 1506 Wahnsinn über den Tod des Gemahls. Die Verwaltung Kastiliens übernahm nun Ferdinand der Katholische wieder, die Verwaltung der Niederlande aber Kaiser Maximilian I. Sie waren das Erbe des jungen Karls , der in diesen Niederlanden auferzogen ward. Der Kampf aber um Italien rastete einige Zeit. Ludwig Xii. gedachte Neapels nicht mehr. Abermals hatte er seine Rechte auf dieses Reich seiner Nichte Germaine de Foix als Mitgift gegeben, als er diese mit Ferdinand dem Katholischen nach Jsabellens Tode ver- mählte; jedoch sollten die Rechte an Frankreich zurückkommen, wenn

10. Geschichte der neueren Zeit für höhere Unterrichtsanstalten und zum Selbstunterrichte Gebildeter - S. 28

1839 - Leipzig : Gebhardt & Reisland
28 Erstes Buch. diese Ehe kinderlos bliebe, und sie blieb es. Aber nur kurze Zeit war Italien ohne heftige Stürme. Bald sollte der Kampf von neuem beginnen. Das war fast alle Wichtigkeit, welche Italien jetzt hatte, daß dieser Kampf zwischen Frankreich und Spanien in Ita- lien gestritten ward. Für die Reformation war dieser Boden nicht gemacht. Savonarola hatte vorlangst den Untergang gefunden. Nicht eher als bis er den Mann vernichtet, der unaufhörlich von der Re- formation sprach, der über den tiefen Jammer der Kirche, über die ungeheuren Frechheiten des Pabstes schrie, hatte Alexander Vi. ge- ruht und gerastet. In der Mitte zweier Freunde und Schüler, des Dominico Bonvincini und des Sylvester Marufsi, hatte Savonarola 23. Mai 1498 den Tod im Feuer gefunden. Vielen in Florenz war es so recht. Savonarola hatte mächtig gegen die freche Sitten- losigkeit gesprochen, welche in der Republik war. Pabst Alexan- 1503 der Vi. aber war in seinen Sünden dahingefahren 18. Aug. 1503. Er hatte einen Kardinal, den er gern beerbt, vergiften wollen, das Gift aber aus Versehen selbst genommen. Kurze Zeit nach ihm war Pius Iii. Pabst. Unmittelbar nach der Wahl starb er. Julian della Rovere, der sich als Pabst Julius Ii. nennt, bestieg den apo- stolischen Stuhl. Nicht für die Kirche, aber für die Welt war er ein Mann. Sie waren so überhaupt in Rom. Die Seele Julius Ii. war voller großer Entwürfe. Er fand den Kirchenstaat in der größ- ten Verwirrung. Eigentlich durch ihn erst ist derselbe geworden. Kaum, daß früher ein Pabst Gehorsam bei den Städten, bei den Baronen fand, die sich Lehnsträger des apostolischen Stuhles nannten. Diese Verwirrung hatte der Vorgänger Alexander Vi. nur benutzt, um seinem Sohne, dem Cäsar Borgia, der an Verrucht- heit dem Vater nichts nachgab, ein Fürstenthum zu verschaffen. Cäsar Borgia befand sich bei dem Tode seines Vaters in dem Be- sitz eines weiten Gebietes in der Romagna. Julius Ii. aber wollte nicht seine Familie erhöhen, sondern den apostolischen Stuhl. Er meinte, daß derselbe dringender noch als früher einer unmittelbaren Gewalt bedürfe, um in dem Streite der großen Mächte zu bestehen. So waren die Zeiten geändert und so hatte die Welt das Pabstthum überflügelt, daß nicht mehr an die Ueberwaltigung der Reiche der Erde, sondern nur noch an das Bestehen unter ihnen gedacht wer- den konnte. Und Julius Ii. legte sofort Hand an das Werk. Er schlug Cäsar Borgia nieder, er ergriff die Waffen gegen die Unge- horsamen. Der heilige Vater erscheint oftmals an der Spitze seiner Scharen, selbst vorauf, wenn es eine Stadt zu stürmen gilt. Und an dem Ende seines Lebens hat er doch gewonnen, daß der Gehor- sam in dem Kirchenstaate hergestellt ist. Aber auch größeren Ge-
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